Wegwerfklamotten von Primark und Co in der UN-Stadt Bonn – das geht besser!

Echt peinlich für die Fairtrade Town Bonn: Am 13.08. eröffnet der Moderiese Primark vor dem Hauptbahnhof. Auf über 3000 m2 Billigstklamotten. Primark und Co gaukeln billige Preise vor. In Wahrheit verheizen sie Mensch und Natur. Was ist das Problem und was die Alternativen? Dr. Gisela Burckhardt, FEMNET e. V. und Gesa Maschkowski, Bonn im Wandel e. V. haben die wichtigsten Argumente zusammengestellt. Sicher ist: Der Weg zur Nachhaltigkeitsstadt ist nicht einfach. Er braucht uns alle. Und wir müssen echt was tun. Zum Beispiel auf dem „Besser leben ohne Primark -Event“

Warum sollte ich nicht bei Primark einkaufen?

  • Weil das Verkaufskonzept von Primark auf Wegwerfmode basiert: Shirts und Hosen für ein paar Euro, die häufig direkt in den Mülleimer wandern. Das heizt Klimawandel und Ressourcenverbrauch an. Mit nachhaltigem Konsum hat das nichts zu tun!
  • Das Müllaufkommen in der Innenstadt wird zunehmen, sodass die Stadtreinigung öfter anrücken muss. Die Kosten für diesen Konsumwahn zahlen wir!
  • Große Kaufhäuser verändern das Stadtbild negativ und verdrängen andere Einzelhändler.
  • Primark am Hauptbahnhof ist ein Armutszeugnis für die Fair Trade Town Bonn. Der Klamottendiscounter heizt sinnlosen  Massenkonsum, Ausbeutung und Verschwendung an“.  Den Preis für billige „Fast Fashion“ zahlen Arbeiterinnen und Arbeiter in Asien und Osteuropa!
  • Grünflächen und innerstädtische Freiräume fallen der Bebauung zum Opfer, ein durchdachtes Verkehrskonzept fehlt. Nachhaltige Entwicklung beginnt vor Ort!

Warum sind die Preise so niedrig bei Primark?

  • Weil letztlich die Näherinnen und jungen Frauen in den Spinnereien dafür zahlen: sie erhalten Hungerlöhne und erleiden Gewalt. Sie schuften 10-12 Stunden tags und sogar nachts. Versuchen sie, sich dagegen zu wehren, werden sie entlassen.
  • Weil  Flüsse und Baumwollfelder in den Produktionsländern verseucht werden: um 1kg Baumwolle für 1 T-Shirt herzustellen, werden 15.000 Liter Wasser und 1 kg umweltschädliche Chemikalien benötigt.
  • Weil Primark keine Werbung schaltet, dafür aber Influencerinnen mit seinen Produkten ausstattet, die für Primark werben.

    Was bedeutet Fast Fashion?

    Früher gab es 2-4 Kollektionen im Jahr, inzwischen sind es 24 neue Kollektionen, also alle 2 Wochen (Zara) oder 12-16 Kollektionen (H&M). Pro Jahr werden über 80 Milliarden Kleidungsstücke produziert. Fast Fashion bedeutet hoher Produktions- und Zeitdruck für die Näherinnen und oft Nachtarbeit.

Ist Primark schlimmer als andere Bekleidungsunternehmen?

Teure und billige Marken lassen oft in den gleichen Fabriken produzieren. Aber Discounter wie Primark führen zur massiven Überproduktion. Primark trägt durch seine extrem niedrigen Preise dazu bei, dass immer mehr Kleidung zu immer schlechterer Qualität angeboten wird. Von 2000 bis 2015 hat sich weltweit die Anzahl der Kleidungskäufe verdoppelt: von rund 50 Milliarden Kleidungsstücken auf über 100 Milliarden. Wer soll noch all die Klamotten tragen?

Wo bleibt die Kleidung, die nicht getragen/verkauft wird?

Oranges T-Shirt am StraßenrandJede*r Deutsche kauft jährlich 14 kg Kleidung, das entspricht 23 Jeans oder 140 T-Shirts. Wir entsorgen in den Altkleidermüll 9 kg (=15 Jeans oder 90 T-Shirts). Gut 40 Prozent der Kleidung wird kaum bis gar nicht getragen, der Rest hängt im Kleiderschrank oder landet in der Tonne. Nicht verkaufte Kleidung wird verbrannt, um die Preise zu halten, oder als Secondhand-Ware nach Osteuropa und Afrika verschickt.

Ist es nicht gut, das wir ein so großes attraktives Geschäft haben, das die hohen Mieten in der Innenstadt zahlen kann?

Es ist eine Illusion dass Primark und Co „wirtschaftlich“ arbeiten. In Wahrheit sind die Kleider viel teurer. Wir alle zahlen den wahren Preis der Billigklamotten auf vielen versteckten Wegen. Auf dem Preissschild steht nicht der Landverbrauch durch Baumwollanbau, der Wasser- und Chemieverbrauch der Kleiderindustrie, die CO2 Belastung durch Transporte, die Mikrofasern in unseren Meeren, die Hungerlöhne, die verlorenen gesunden Lebensjahre der Arbeiter*innen und die schlechten Arbeitsbedingungen der Verkäufer*innen. Es wird Zeit, dass wir in der UN- und Nachhaltigkeitstadt Bonn anfangen richtig zu rechnen und Unternehmen zu fördern, die besser wirtschaften, zum Gemeinwohl unserer Stadt und der Menschen.

Was wäre die Alternative?

Wergwerfmode, Ausbeutung und Verschwendung sind Strategien von Gestern. Wenn diese Erde eine Zukunft haben soll, dann brauchen wir  Unternehmen, die sie erhalten statt verheizen. Unternehmen, die sich in einer Fairtrade Town ansiedeln, müssen richtig rechnen. Sie sollten nicht nur ihre Gewinne ausweisen, sondern auch ihre wahren sozialen und ökologischen Kosten, sprich die Gemeinwohlbilanz. Solche Gemeinwohlbilanzen sind nichts Neues. Es gibt große Unternehmen, wie VAUDE oder Banken, wie die SPARDA und GLS Bank, die ihre vollständigen Kosten in einer Gemeinwohlbilanz transparent machen. Es gibt inzwischen sogar Gemeinwohlregionen. In Bonn ist der nachhaltige Modeladen „Kiss the Inuit“ der erste ,der eine Gemeinwohlbilanz erstellt hat. Geht doch!  So ein nachhaltiger Umbau der Wirtschaft ist kein Kinderspiel, aber irgendwann müssen wir anfangen. Wann, wenn nicht jetzt?

 Widerstand gegen Primark-Filiale in Bonn- Was ist bisher passiert?

  • Offener Brief von FEMNET und Bonn im Wandel vom 28.06.2016 wird von zahlreichen Bonner Organisationen unterstützt, darunter Germanwatch, das Bonner Netzwerk Entwicklung und der DGB Kreisvorstand Bonn/Rhein-Sieg.
  • Demonstration  gegen die Entscheidung des Stadtrats
  • Am 30.6.2016 hat der Bonner Stadtrat über den Umbau des Bahnhofsvorplatzes entschieden. TenBrinke, ein holländischer Investor, hatte den Zuschlag erhalten, dessen Hauptmieter Primark ist.

Zahlen zu Primark

Im Jahr 2019 wurde die irische Modekette Primark 50 Jahre alt.
Jahresumsatz 2017: 8,6 Milliarden Euro
Rund 350 Filialen in 11 Ländern, davon 30 in Deutschland (In Bonn wird die 30. Filiale eröffnet).

  • Text:  Dr. Gisela Burckhardt und Gesa Maschkowski
  • Foto: Cartarina Marcucci

Links:

Einladung und Programm für den 13.08. zu „Besser leben ohne Primark: Kreative Aktionen gegen Wegwerfmode“

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